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„Nach der Leere“ - Versuch über die Religiosität der Zukunft

Die heutigen Menschen sind aus ihrer Mitte vertrieben. So werden sie unselig wie in einer Zentrifugalschleuder umhergewirbelt. Das Kreisen um sich selbst hilft den spät-modernen Menschen nicht. Immer seltener findet er sein Heil in der Religion. „Wenn die alten Angebote der Kirchen nicht mehr zu überzeugen vermögen und die Wiedererschließung traditionell-religiöser Inhalte nicht mehr so einfach möglich ist, scheint eine Suche dem neuartigen Tasten nach Transzendenz, nach den neuen Versuchen des Bestimmens des Unbestimmbaren im Menschen lohnend und spannend,“ so schreibt Seidel im Vorwort.
Das Buch besteht aus sieben Kapiteln. Das Leben in säkularen Zeiten, Gott, der Tod, das Wort, die Würde, die Ehrfurcht und die zerspringende Diesseitsrinde - ein Versuch über das Heilige in der Gegenwart.
Das Bild, das Seidel von der Kirche zeichnet, macht sich die Ergebnisse der historisch kritischen Forschung zunutze ohne sich in Einzelheiten zu verlieren. Er hat sich ein imponierendes enzyklopädisches Wissen angelesen. Seidel wertet nicht. Er zitiert viel, damit der Leser sich selbst ein Bild machen kann. Er ist bejahend. Die Kirche ist tot - es lebe die Kirche. Mit solchen scheinbar paradoxen Ausruf ist die Situation der Kirche genau bezeichnet, denn sie befindet sich in einem Übergang. Es könnte auch das Motto dieses Buches sein. Unter dem alten Kirchenbegriff bildet sich eine neue Wirklichkeit ab. Seidel will mit dem Buch auch den Wandel der Kirche fördern und sie fit machen für die Gegenwart. In Kunst, Lyrik und Malerei und auch in der Philosophie sieht er Mitstreiter und stellt sie uns vor. Auch in der neu gelernten Achtsamkeit der Erde und dem Leben gegenüber sieht er Beispiele für christliches Handeln.
„Die Weltanschauung der Ehrfurcht vor dem Leben hat religiösen Charakter. Der Mensch, der sich zu ihr bekennt und sie betätigt, ist ein elementarer Weiser“, sagte schon vor einen Jahrhundert Albert Schweitzer.
Wir lernen Dichter kennen, wie zum Beispiel den Nobelpreisträger Tomas Tranströmer, die aus dunklen Schatten Gegenbilder skizzieren, die mit dem Licht des Hoffens, des Glaubens und der Liebe versetzt, neue Träume wecken.
Luther trat für die Mündigkeit seiner Glaubensbrüder ein. „Der Kern aller Religionen ist, dass sich das Göttliche immer wieder neu und unverfügbar in einer Erfahrung ereignet, auf die eine eigene Antwort gegeben werden muss“, meint Seidel und hofft, dass der Weg der Religiosität der Zukunft auch der Weg der Religiosität sein wird, wie es im 1. Johannesbrief 4 zu lesen ist: Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott in ihm. (…) Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus.“
Eckhard Krause, Lektorat Claudia Knepper
Stefan Seidel: Nach der Leere. Versuch über die Religiosität der Zukunft
Claudius: München 2020 18,00 €
ISBN 978-3-532-62857-7
Luther trat in der Reformation auch für die Mündigkeit aller Christen ein. Die Mündigkeit der Christen nach Martin Luther
Die Grundlage für christliche Mündigkeit ist die reformatorische Lehre vom allgemeinen Priestertum aller Gläubigen. Luther schreibt schon in seiner Frühschrift An den christlichen Adel deutscher Nation:
„Alle Christen sind doch wahrhaftig geistlichen Stands, und es besteht kein Unterschied zwischen ihnen als nur des Amts halber“, wir werden „allesamt durch die Taufe zu Priestern geweiht“.

Eingetragen am 25.11.2020
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